Veränderungsdialog zwischen Landwirtschaft, Naturschutz und Lebensmitteleinzelhandel Baden‐Württemberg
Mit dem Ziel, eine Basis für eine neue, bessere und an gemeinsamen Zielen ausgerichtete Zusammenarbeit der Akteure aus den Bereichen der Landwirtschaft, des Naturschutzes und Lebensmittelhandels in Baden-Württemberg zu schaffen, haben die Verbände Badischer Landwirtschaftlicher Hauptverband (BLHV), Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV), Arbeitsgemeinschaft Ökologischer Landbau (AÖL) und Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg gemeinsam den Veränderungsdialog angestoßen. Finanziell und ideell unterstützen das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft (UM) sowie das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) des Landes Baden-Württemberg das Projekt.
Der Fokus liegt auf einer Lebensmittelproduktion, die die Umwelt schont, Ernährungssicherheit schafft und die für ihren gesellschaftlichen Beitrag honoriert wird. Eine aktive Einbindung des Lebensmitteleinzelhandels ist sehr wichtig, um tragfähige Ansätze etablieren zu können. Ziel des Projektes ist es, sich auf konkrete, gemeinsame Handlungsoptionen (Maßnahmen; Projektideen) zu verständigen, mit denen in einem Folgeprozess an der Verwirklichung der gemeinsamen Zukunftsbilder gearbeitet wird.
Mit
unserem Veränderungsdialog wollen wir neue Wege der Zusammenarbeit einschlagen und gemeinsam Lösungsansätze für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und den Erhalt natürlicher Lebensgrundlagen hervorbringen. Unser übergeordnetes Ziel ist die Gestaltung von Agrarökosystemen in Baden-Württemberg, die unsere natürlichen Ressourcen sowie die Umwelt schonen und fördern, Lebensmittel erzeugen, Landwirtinnen und Landwirten eine wirtschaftliche Perspektive bieten. Die Sensibilisierung von Verbraucherinnen und Verbraucher für diesen Veränderungsprozess spielt dabei eine wichtige Rolle. Kooperations- und Anreizlösungen werden bei der Umsetzung von rechtlichen Rahmenbedingungen priorisiert. Um dieses Ziel zu erreichen, pflegen wir eine respektvolle sowie wertschätzende Zusammenarbeit auf allen Ebenen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Interessenlagen. Wir gehen voran, um einen gesellschaftlichen Wandel anzustoßen, denn es ist Zeit für Veränderung.
Gemeinsam haben wir die folgenden Zukunftsbilder für Baden-Württemberg erarbeitet. Sie beschreiben unsere realisierbare, gemeinsame Vision für eine naturverträgliche Landwirtschaft der Zukunft. Dabei wird auch auf bestehende Ansätze, Lösungsmodelle und Initiativen aufgebaut. Die Reihenfolge stellt keine Wertung dar, alle Zukunftsbilder sind gleichrangig zu betrachten.
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
mehr erfahren
Landwirtinnen und Landwirte erzeugen
vielfältige sowie hochwertige Lebensmittel und stellen darüber hinaus
gesellschaftliche Gemeinwohlleistungen bereit, wie belebte ländliche Räume, die
Pflege der Kulturlandschaft, die Sicherung der Wasser- und Bodenqualität sowie
den Erhalt und die Förderung der biologischen Vielfalt. Die Sicherstellung
dieser Leistungen ist jedoch nicht die alleinige Aufgabe der Landwirtschaft,
sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Verwaltung, Handel, Verbraucherinnen
und Verbraucher und zivilgesellschaftliche Organisationen unterstützen die
Landwirtschaft dabei – über attraktive Förderprogramme, Kooperationen, konkrete
Projekte sowie über wirtschaftlich tragfähige Preise und
Vermarktungsoffensiven.
Zielkonflikte,
die bei der Erbringung dieser Leistungen entstehen, werden klar benannt und
möglichst aufgelöst. Zur Herstellung von Planungssicherheit unterstützt die
Landesregierung die Akteure bei der Auflösung von Zielkonflikten durch
Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen.
Die Landwirtschaft trägt maßgeblich dazu bei, die heimische Arten- und Lebensraumvielfalt der Kulturlandschaft zu erhalten und zu steigern. Maßnahmen zur Förderung von Natur und Umwelt sind bei den Betrieben fest verankert und gut in die landwirtschaftlichen Betriebsabläufe integriert.
Kooperationen und Anreizmodelle motivieren die
Landwirtinnen und Landwirte, ihren Beitrag zu leisten. Sie kommen gegenüber
Verboten bevorzugt zum Einsatz.
Die Agrarökosysteme in Baden-Württemberg sind das Spiegelbild des wirtschaftlichen Umfeldes, in dem sich die Landbewirtschafterinnen und Landbewirtschafter befinden. Hier trägt der Handel eine besondere Verantwortung.
Er ist sich dessen bewusst und fördert durch sein Agieren die Entwicklung hin zu einer Landbewirtschaftung, die den ökologischen, ökonomischen und sozialen Erwartungen der Gesellschaft entspricht.
Langfristige Handelsbeziehungen,
respektvoller Umgang mit Erzeugern und Verarbeiterinnen von Lebensmitteln,
Transparenz in Geschäftsbeziehungen und Herkunft der Waren sowie wertschätzende
Preise sind selbstverständliche Grundwerte, die das Miteinander in
Wertschöpfungsketten bestimmen.
Grundlage des Naturhaushalts und nachhaltiger Agrarökosysteme sind ertragreiche, widerstandsfähige und lebendige Böden auf Grundlage von flächenbezogener Tierhaltung und Leguminosenanbau sowie landwirtschaftliche Bodennutzungskonzepte, die Ressourcenschutz und natürliche Nährstoffkreisläufe mit Ertrags- und Ernährungssicherung vereinen. Diese werden fortlaufend an sich verändernde Klimabedingungen sowie an die Anforderungen des Klimaschutzes angepasst.
Unter weitestmöglicher Ausnutzung der natürlichen Stoffkreisläufe
werden der Humusaufbau, die Fruchtbarkeit, die Kohlenstoffspeicherung, die
Wasserhaltekapazität und die Grundwasserneubildung der landwirtschaftlich
genutzten Böden verbessert. Forschung sowie eine auf die Anforderungen an die
Praxis ausgerichtete Beratung unterstützen die Landwirtinnen und Landwirte bei
der Fortentwicklung und Umsetzung resilienter Anbaumethoden.
Fläche ist endlich und muss zahlreiche Aufgaben erfüllen. Sie ist unter anderem Siedlungs-, Verkehrs-, Lebens-, Rückzugs-, Produktions- und Kulturraum – und sie ist die Grundlage unserer Lebensmittelerzeugung und unseres Ökosystems. In
Baden-Württemberg hat die Landesregierung Maßnahmen und Instrumente etabliert, mit denen das Ziel der „Netto-Null“ beim Flächenverbrauch bis 2035 auch
tatsächlich erreicht wird.
Landwirtschaftliche Flächen zur Produktion von
hochwertigen Nahrungsmitteln und Rohstoffen sowie zur Pflege der
Kulturlandschaft und zum Erhalt der heimischen Biodiversität sowie die für die
Erholung der Bevölkerung und zur Anpassung an den Klimawandel notwendigen
Grünflächen in Ballungsgebieten erfahren einen besonderen Schutz. Eingriff und
Ausgleich in die Natur werden möglichst flächenschonend umgesetzt. Ein
besonderes Augenmerk liegt auf der Entwicklung und Umsetzung
naturschutzfachlich wertvoller produktionsintegrierter Maßnahmen.
Landwirtschaftliche Nutzfläche ist kein Spekulationsobjekt und darf auch keines
werden. Sie bleibt Existenzgrundlage der landwirtschaftlichen Betriebe.
Bildung und Beratung leisten in allen Bereichen des fachlichen als auch allgemeinbildenden Sektors einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung unserer Ziele. Die fachliche Ausbildung der Landwirtinnen und Landwirte wird konsequent an einer nachhaltigen, das bedeutet einer sozial, ökologisch und ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft ausgerichtet.
Im Schulunterricht sind fachlich fundierte
Lehrinhalte zu Landwirtschaft und Naturschutz etabliert. Die Bürgerinnen und
Bürger des Landes sind für die Themenfelder Landwirtschaft und Naturschutz
sensibilisiert und unterstützen mit ihrem täglichen Handeln unsere Ziele.
Landwirtschaft, Naturschutz und Lebensmittelhandel arbeiten auf respektvolle und wertschätzende Art und Weise auf allen Ebenen zusammen. Die verschiedenen Interessen und Anliegen der unterschiedlichen Akteure werden anerkannt und respektiert.
Es
wird ein regelmäßiger Austausch gepflegt. Die Auseinandersetzung erfolgt sach-
und lösungsorientiert mit Blick auf die gemeinsamen Ziele.
Die
Sicherung der Lebensmittelversorgung der Bevölkerung im Land und darüber hinaus
ist die zentrale Aufgabe der Landwirtschaft in Baden-Württemberg. Die guten
naturräumlichen Gegebenheiten sind für die Landwirtschaft Ansporn und
Verpflichtung zugleich. Sie bilden die Grundlage eines tragfähigen Ernährungssystems,
das auf regionalen Kreisläufen beruht und möglichst unabhängig von globalen
Handelsbeziehungen tragfähig ist. Der Schutz und die Förderung der Umwelt sind
bei der Lebensmittelerzeugung wichtige Grundsätze. Lebensmittel sind kostbar
und dürfen nicht verschwendet werden. Die begrenzten Produktionsflächen sind
unter Wahrung des Umweltschutzes möglichst effizient zu nutzen. Die
Ernährungssicherung steht dabei im Vordergrund, darüber hinaus leistet die
stoffliche sowie energetische Nutzung von Pflanzen einen Beitrag zum Klima- und
Ressourcenschutz. Entscheidend dabei ist sowohl die Ausgeglichenheit der
Nährstoffkreisläufe als auch eine flächenbezogene und artgerechte Tierhaltung.
Der Ausbau erneuerbarer Energien trägt zur Erreichung der Klimaschutzziele und
einer sicheren Energieversorgung entscheidend bei.